Mein Kampf mit der Mund-Nasen-Bedeckung

Hallo,

erst die Pflicht, dann die Kür. So oder ganz ähnlich fühlte ich mich in den letzten Wochen. Doch jetzt bin ich wieder in meinem Revier. Nach einer sehr langen Blogpause wird es Zeit für eine Erklärung, denn ein Verschweigen macht keinen Sinn. Es läuft nicht alles friede freude Eierkuchen. Dieses Jahr ist ein weiteres ganz besonderes Jahr. Ich denke, darin sind wir alle uns einig. Auch die Tatsache, dass sich Rollenverhältnisse in der Gesamtheit und politisch motiviert wieder zurück bewegen (ob bewusst oder nicht, spielt keine Rolle), nein, ein Virus verändert auch uns als Familie und als Ehepartner. Die Plätze entwickeln sich neu und werden doch hart umkämpft. Ich finde das nervenaufreibend und mega spannend zu gleich! Zum Beispiel mag ich meine Arbeit in der Weiterbildung sehr. Habe hart mit mir gerungen und werde die Aufgabe nun auch bis zum Ende mit freudigem Elan erledigen. Trotz der Pandemie die Möglichkeit von Bildung zu erhalten ist offensichtlich ein Luxus. Das werde ich weiter nutzen. Diese Lösung liegt auch an einigen lieben Kollegen, die mir in den Hintern getreten haben. Neben meinem besten Freund. Also dem Zweitbesten. Meinem Mann war es egal. Harte Worte, aber so ist mein Eindruck anfangs gewesen. Dann merkte ich jedoch, dass er mich alleine zu der Entscheidung finden lassen wollte, weil er ein Abbrechen von Anfang an als Blödsinn betrachtet hat. Klar ist, er unterstützt mich in allem, was ich tue und ist auch für unser Kind weiterhin ein Held. Norddeutsch hält er sich nur gerne mit Diskussionen zurück. Und zuhören, ehrlich, so langsam gehöre ich auch zu den Frauen, die ihren Mann zu oft anbrüllen ala: “Hör mir endlich zu [und] merke dir das!”. Was haben wir als Paar früher gegrient und über solch ähnlichen Sätze geschmunzelt. Ein Jahrzehnt später schaut die Zeit anders aus. Wir verändern uns. Dabei ist unser verflixtes siebte Ehe-Jahr schon längst vorbei. Nebenbei bemerkt, das war wirklich die Hölle! Aber Liebe ist stark und irgendwie fetzt es auch, sich zu streiten. Geht mir jedenfalls so *lach*.

Aber Medienbeiträge, die mit einer Selbstverständlichkeit davon berichten, dass Home Office mit Kind(ern) nicht schwierig sei und die Mama dem Vater den Rücken frei hält. Himmel, die kotzen mich seit der ersten Minute an. Genau wie jetzige Artikel, die plötzlich auf den täglichen Kampf der Mütter verweisen und die Öffnung fordern. Es keimt sich in mir der Verdacht auf, dass Bildungseinrichtungen (und dazu dienen auch Kitas!) als Auffangbecken betrachtet werden, um Mütter zu entlasten, bloß nicht die Eltern.

Tatsächlich bin ich selbst ganz automatisch jedoch auch in die alteingesessene Rolle geschlüpft. Denn ich habe vor Corona schon im Home Office gelernt und es hat sich mit Corona beruflich nichts für mich geändert. Nur das Mutterherz brüllte auf. Die festen Zeiten muss sich das Kleinkind eben hinten anstellen. Ein Zwiespalt für mich. Bis Ostern war klar, ich schraube mich und meine Freiheiten kürzer, der Göttergatte ist in Vollzeit und bekommt freie Hand. Dann kam die Entscheidung, einige Geschäfte öffnen und Kitas nicht. Der Moment hat mich so unfassbar wütend gemacht. Ich fiel in ein Loch. Meine Zukunft steht ab Ende des Jahres offen. Es gibt in vielen Branchen ein Einstellungsstopp und da die Einschulung ungewiss bleibt bzw. die Frage offen ist, wie viele Tage Unterricht für Erstklässler stattfinden wird, geschweige denn ob es eine Betreuung nach den Schulstunden geben wird, ist meine berufliche Aussicht im Moment dahin. Ich kann faktisch nicht tagsüber arbeiten (die Wochenenden sind mir zu dritt noch heilig), wenn mein Kind nur 1x die Woche für 2 Stunden in die Schule darf. Das ist eine These, die im Raum steht. Wie es mit den Einschulungskindern wirklich läuft, weiß bis dato niemand. Damit muss ich lernen umzugehen. Es ist also mein Problem. So gab es viele Abende vor dem Fernseher und nicht an der Nähmaschine. Die steht zu nah am PC meines Mannes. Manchmal muss man sich auch aus dem Weg gehen.

Beim Nähen vom Pflichtprogramm muss ich immer nachdenken. Mein Sturkopf mochte nicht denken. Ich kann es nicht beschreiben, denn selbstverständlich bleibe ich bei der Tochter, wenn sie nicht voll eingeschult wird, keine Frage. Doch wo ist die Entscheidung, es freiwillig zu handhaben, geblieben? Genial ist auch ein Satz (nicht vom Mann geäußert!) wie: “Dann bekommst du halt noch ein Kind und du hast eine Aufgabe!”. Es krümmen sich meine Zehnägel immens. Abgesehen davon, dass Babys ein Wunder der Natur sind, besteht die Aufgabe einer Frau im 21. Jahrhundert wirklich immer noch darin, einfach “nur” Mama zu sein? Realy? Es ist definitiv ein Fulltimejob, keine Frage. Aber warum kann ich auch in einer Pandemie nicht beides haben? Mögliche Antwort: Weil ich nicht diejenige bin, die jemals einen bezahlten Vollzeitjob hatte und deshalb eben nicht das Geld für Fixkosten heim bringe. Eindeutige Faktenlage. Ja mey, was für ein Problem hat sie denn nun eigentlich? Schlicht zwei Herzen in der Brust. Und bei aller Liebe, ich behaupte immer noch felsenfest, dass sich arbeitende Väter darüber nie solch Unmengen an Gedanken machen wie arbeitende Mütter.

An dieser Stelle erfolgt eine kleine Unterbrechung, weil der Göttergatte mir eine Freude bereitet hat.

Und so kreisten sich die Gedanken beim Nähen von Behelfsmasken für unsere Familienmitglieder. Ein Grund, weswegen sich deren Nähzeit hinaus gezogen hat. Auch deren Wirkung ist umstritten, aber sie sind nun mal auch in unserem Bundesland Pflicht. Und solange doch die anderen Regeln (Abstand halten, Maske richtig absetzen, Händewaschen u.s.w.) eingehalten werden, glaube ich an die Verminderung einer Ansteckungsgefahr. Die Hoffnung stirbt zu letzt. Gelernt habe ich dabei, dass Nasen verdammt viele Formen haben. Mein Schwabbelkörper brauchte bis dato nicht annähernd so viele Schnittanpassungen wie diese Rechtecke. Ein Wunder, wer dabei nicht genervt ist. Einziger Trost, ich habe das Nähen in Kette geübt. Ob das jetzt wirklich so zeitsparend ist, ich weiß noch nicht so ganz.

Grundsätzlich blieb es beim Schnitt von ArianeB Handmade <hier> Von ihr habe ich in den letzten Wochen auch Unmengen an Gummiband nebst diese wunderschönen Stoffen gekauft. Wir danken sehr für den schnellen Service!

Die schnelle Variante einfach aus einem Kreis einen Schutz zu kreieren, hat mich vom Tragegefühl nicht überzeugt. Auf dem Foto unten siehst Du, warum nicht. Der Sitz ist nicht angenehm. Für das Kindergesicht gibt es den Schnitt von Pattydoo <hier>. Ich mag ihn ebenfalls sehr, die Falten stören mich irgendwie. Doch wenn ein Stück Stoff dafür sorgt, dass ich raus darf, ist es wahrlich mein geringstes Problem. Und so nähe ich mir den liebevoll genannten BH für die Nasengegend. Inzwischen denke ich tatsächlich schon darüber nach, ob mein nächstes Kleidungsstück noch Stoff für einen passenden Tröpfchenschutz übrig lässt. So viele Gedanken mache ich mir nicht einmal beim Thema passende Handtaschen zum Outfit. Läuft!

 

Und übrigens, langsam darf unsere Maus als Vorschulkind wieder in den Kindergarten. Nächste Woche ist der erste und für die Woche einzige Vormittag. Ich hoffe, dass sie in der neuen Gruppe Anschluss findet und bin gespannt, wie sie sich mit den anderen Kids vertragen wird. Die Tourismusbranche hingegen wird voll geöffnet. […] Lebe für den Moment und denke nicht an morgen! 

 

Vertrag Dich, bleib gesund und genieße das Leben!

Herzliche Grüße
Deine Jenny

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One Reply to “Mein Kampf mit der Mund-Nasen-Bedeckung”

  1. Liebe Jenny,
    ein langer Beitrag mit vielen Denkanstößen, vielen Dank dafür. So sehr ich es schade finde, dass der Junior eben schon der Junior ist und nicht mehr ein Kind zum Verknuddeln, so sehr bin ich erleichtert in diesen Tagen der #corontäne, dass er doch schon selbstständig genug ist und in seinem Alter auch sein muss, um das Thema Schule und Beschäftigung eigenverantwortlich gestalten zu können. Du hast meinen größten Respekt mit der Betreuung eines Kindergartenkindes! Ich wünsche euch sehr, dass es mit der Schule irgendwie und irgendwann losgeht, das ist so ein großer Schritt für die Kinder!
    Deine Masken sehen allesamt schön aus, eine schöne Stoffauswahl! Ich nähe seit Anfang an die Maske mit Falten nach dem Schnitt von Burda. Da sich die Falten beim Anlegen ja “öffnen”, bleibt für jede Nasenform genügend Platz und die Oberfläche des Stoffes/der Tröpfchenschutz also vergrößert sich auch nochmals. Da ich viel für Freunde, Familie, Bekannte genäht habe, brauchte ich ein Schnittmuster, das keine Rücksicht auf Nasenformen usw. nehmen muss und nach den Rückmeldungen aller Träger sind diese wohl auch zufrieden mit ihren “Maultäschle”, wie ich sie schwäbisch nenne.
    Ich wünsche dir heute einen schönen Sonntag mit deinen Lieben und alles Gute für die weiteren Herausforderungen der kommenden Wochen und Monate – dazwischen aber lesen wir uns hoffentlich weiter/wieder.
    Herzensgrüße
    Anni

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